During the »long Sixties,« a term coined by Arthur Marwick to describe the period from the late 1950s to the mid-1970s, artists, critics, and theorists criticized established approaches addressing works of art as autonomous aesthetic objects designed primarily for visual contemplation in the allegedly neutral space of a gallery. They confronted, in other words, the Modernist conception of art espoused by influential American art critic Clement Greenberg and his followers. One particular strain in this critical reevaluation is the tendency to use volatile materials or substances that may evaporate or sublimate, thereby destabilizing notions of the visual character and the objecthood of art.
These tendencies are often subsumed within the generalizing notion of the »dematerialization« of art – a term introduced in 1968 by critics Lucy R. Lippard and John Chandler. This conference seeks to address the shortcomings, omissions, and generalizations of this view by focusing on the complex negotiations between materiality and immateriality informing art practices of the time.
As a frame and a starting point, the conference draws on the philosophical concept of »sublimation« and explores its analytic potential as a means for critical reflection. In chemistry and physics, sublimation is defined as the phenomenon by which a solid substance converts to gas without adopting a liquid state. Beyond this literal sense, the term »sublimation« has been used to describe a psychological process with cultural and social impact in philosophy and psychoanalysis.
By analyzing practices that engage with volatile materials and chemical processes against the background of contemporary philosophical reflections on sublimation, this conference will highlight the significance of matter and materiality in conceptualism and contemporaneous experimental art practices of the 1950s through to the 1970s in the United States and elsewhere. We argue that the concept of »sublimation« is a key term for an interdisciplinary reflection on such practices.
In den »langen sechziger Jahren« (Arthur Marwick), also der Zeit von den späten 1950er bis zu den mittleren 1970er Jahren, kritisierten Künstler*innen, Kritiker*innen und Theoretiker*innen die etablierte Auffassung des Kunstwerks als eines autonomen ästhetischen Objekts, das primär für die visuelle Betrachtung im vermeintlich neutralen Galerieraum geschaffen sei. Sie wandten sich damit gegen die von dem einflussreichen amerikanischen Kunstkritiker Clement Greenberg und seinen Gefolgsleuten vertretene modernistische Kunstauffassung. Eine Strategie dieser Kritik war die Wendung hin zu instabilen Materialien oder zu Substanzen, die sich verflüchtigen oder sublimieren, um überkommene Vorstellungen des visuellen Charakters und der Objekthaftigkeit der Kunst zu unterlaufen.
Diese Tendenzen werden oft unter die verallgemeinernde Vorstellung der »Dematerialisierung« der Kunst gefasst – ein Begriff, der 1968 von der Kritikerin und Kuratorin Lucy R. Lippard und dem Kritiker John Chandler in einem Aufsatz eingeführt wurde. Im Rahmen der Konferenz sollen durch die Fokussierung auf die komplexen Aushandlungsprozesse zwischen Materialität und Immaterialität innerhalb künstlerischer Praktiken dieser Zeit die Defizite eines solchen Verständnisses zutage gefördert werden.
Die Konferenz nimmt das philosophische Konzept der »Sublimierung« zum Ausgangspunkt und erprobt dessen analytisches Potenzial im Hinblick auf diese kritische Betrachtung. In der Chemie und in der Physik bezeichnet »Sublimation« den Phasenübergang, bei dem feste Stoffe direkt in den gasförmigen Aggregatzustand wechseln. In Philosophie und Psychoanalyse hingegen wird der Begriff »Sublimierung« verwendet, um einen psychologischen Prozess mit kulturellen und gesellschaftlichen Auswirkungen zu beschreiben.
Im Rahmen der Konferenz werden künstlerische Praktiken, die mit flüchtigen Materialien und chemischen Prozessen operieren, vor dem Hintergrund philosophischer Reflexionen über Sublimierung betrachtet. Dadurch soll die Bedeutung von Material und Materialität im Rahmen konzeptueller und experimenteller künstlerischer Praktiken der 1950er bis 1970er Jahre innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten in den Vordergrund treten, für deren interdisziplinäre Analyse das Konzept der »Sublimierung« unserer Auffassung nach einen Schlüsselbegriff darstellt.